Am Flughafen
veröffentlicht am 08. Nov. 2016
Der erste Heimflug steht an. Ich habe genug Zeit und begebe mich ganz entspannt zum Flughafen. Das ist auch gut so, denn inzwischen brauche ich vier dieser schönen grauen Plastikwannen, um mein ganzes Handgepäck beim Security Check durchleuchten zu lassen. Nachdem elektronische Geräte, Mantel, Gürtel etc. einzeln verstaut sind, trete ich durch den Metalldetektor. Er schlägt nicht an und eine Dame von der Security lächelt mir zu und sagt: „Sehr löblich.“
„Danke“, entgegne ich leicht verwirrt. Sowas hat noch niemand an einem Flughafen zu mir gesagt.
Ich gehe ein paar Schritte weiter und warte auf mein Handgepäck. Die erste Plastikkiste rollt an, die zweite, dann die dritte und mit ihr eine kleine, hübsche junge Frau.
Sie lächelt über beide Ohren und fragt: „Was haben Sie denn da Verbrecherisches getan?“
„Ver… was?“
Ich schaue sie entgeistert an. Der Übergang von „sehr löblich“ zu „Verbrecherisch“ kommt ein wenig plötzlich.
Sie lächelt weiter. Beim Konflikttraining hat sie bestimmt eine Eins Plus bekommen.
Da ich in diesem Moment sprachlos bin, nimmt sie mir die Antwort ab und hält mir mit ausgetrecktem Arm mein Duschgel entgegen: „Das dürfen Sie nicht. Das ist verboten.“
„Was?“
„Insgesamt dürfen Sie nur einen Liter Flüssigkeiten mitnehmen und die einzelnen Behälter dürfen nicht mehr als 100 ml fassen.“
„Was?“
„Und dieses DUSCHDAS fasst 250 ml. Soll ich es entsorgen?“
„Was?“
„Der Behälter ist zu groß. Zugelassen sind nur 1 Liter und…“
„Aber selbst mit Zahnpasta und Deo dazugerechnet bin ich weit unter einem Liter“, unterbreche ich sie. So langsam finde ich meine Sprache wieder.
„Das ist egal. 100 ml sind 100 ml“, lächelt sie mir entgegen.
Es ist wirklich ein sehr bezauberndes Lächeln.
„Aber das Ding ist noch nicht mal voll“.
„Das ist egal. Wenn auf der Verpackung 250 ml steht, ist das zu viel.“
„Können Sie nicht eine Ausnahme machen?“
„Nein. Wenn der Herr vom Sicherheitsdienst dort hinten das sieht, bekomme ich Ärger. Soll ich das Duschgel nun entsorgen?“
„Gibt es Alternativen?“ frage ich sie.
„Sie können zurückgehen und den Koffer aufgeben.“
Den Koffer aufgeben? Ich habe nur ein Billig-Ticket ohne Gepäck. Der Aufpreis wäre unverhältnismäßig und außerdem habe ich keine Lust in Tegel so lange auf den Koffer zu warten. Also antworte ich: „Das ist keine Alternative.“
„Also wegwerfen?“
„Gibt es weitere Alternativen?“ Ich will mein Duschgel nicht so einfach aufgeben.
Die kleine, junge und sehr hübsche Frau lächelt noch immer.
„Sie können es mit der Post schicken.“
Ich bin wieder einen Moment sprachlos. Hat sie wirklich mit „der Post schicken“ gesagt?
„Keine Alternative!“, entgegne ich und schaue sie weiterentgeistert (und zugleich fasziniert) an.
„Es gibt auch Schließfächer dort drüben“, schlägt sie vor, fügt aber sogleich hinzu: „Die sind aber nicht ganz billig.“ und schaut dabei ein wenig mitleidig auf das DUSCHDAS Duschgel.
„Auch keine Alternative!“, sage ich erneut. Langsam bekomme ich gefallen an der Situation. Sie ist aber auch wirklich sehr hübsch und ihr Lächeln absolut hinreißend.
„Können Sie wirklich keine Ausnahme machen?“, flehe ich. „Das Duschgelist doch auch mit mir hierher geflogen.“
„Von woher kommen Sie denn?“, fragt sie mich.
„Aus Berlin.“
„Da haben die Berliner Kollegen wohl nicht aufgepasst.“
… … …???
Kommt noch was? Nö. Nur dieses (fantastische) Lächeln.
Sie ist echt Klasse.
„Aber es gibt Duschgel doch nur in dieser Verpackungsgröße. Was soll ich denn tun?“
„Gehen Sie mal zu Rossmann, da gibt es extra für das Handgepäck kleine Verpackungen.“
Danke für den Tipp, denke ich. Doch das ist für den Augenblick keine Alternative und ich kämpfe weiter um mein Duschgel. Ich bin mit diesem Duschgel schon sooo oft geflogen. Nie gab es Probleme.
„Alternativen?“ frage ich energisch.
„Koffer aufgeben, Post, Schließfach oder Mülltonne.“ Sie bleibt streng. (Mein Gott, dieses Lächeln).
Ich setze meine letzte Waffe ein: Meinen ´ich bin hilflos, bitte rette mich` Dackelblick.
Keine Reaktion.
Mist. Funktioniert sonst immer.
Ich überlege, ob ich anfangen soll zu Weinen, um ihr Herz zu erweichen und schiebe die Unterlippe leicht vor. In Anbetracht der Situation und dem Wert des DUSCHDAS Duschgels von 1,29 Euro (für 250 ml) erscheint mir diese Reaktion aber leicht übertrieben.
Ich gebe also auf und sage: „Walten Sie ihres Amtes und übergeben Sie das Duschgel der blauen Tonne.“
„Das mache ich. Und guten Flug.“
Das Duschgel verschwindet in der blauen Tonne und bevor ich mich versehe ist auch sie verschwunden.
Schade. Nicht so sehr um das Duschgel. Ich hätte sie gerne noch nach ihren Namen und ihrer Telefonnummer gefragt. (Dieses Lächeln) .
Vorbei.
Nun, vielleicht beim nächsten Flug. So wie es aussieht, werden mich in der nächsten Zeit noch einige Security Checks erwarten.
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